Mitgliederbereich

Vortrag 2. Oktober 2012
des Arbeitskreises für Insolvenzwesen Köln

Sehr verehrte Damen,
sehr geehrte Herren!

Die nächste Vortragsveranstaltung unseres Arbeitskreises findet statt am

Dienstag, dem 2. Oktober 2012, 18:30 Uhr

Industrie- und Handelskammer zu Köln
Unter Sachsenhausen 10-26, 50667 Köln,
Camphausen-Saal, Erdgeschoss

Es wird vortragen

Herr Rechtsanwalt Dr. Jürgen Spliedt, Berlin

zum Thema

„Die Gefahr der Insolvenzverschleppung bei der Sanierung – eine Gratwanderung zwischen Hoffnung und Haftung“

Wir freuen uns ganz besonders, dass sich Herr Rechtsanwalt Dr. Jürgen Spliedt bereit erklärt hat, zu einem Thema von hoher praktischer Relevanz zu referieren. Der Referent ist Partner der Kanzlei Feser Spliedt von Stein-Lausnitz in Berlin. Er befasst sich seit mehr als 20 Jahren nicht nur mit der Insolvenzverwaltung, sondern auch mit der außergerichtlichen Sanierung und der Beratung von Geschäftsführern sowie Gesellschaftern bei Umstrukturierungen. Er ist u.a. Mitglied im Ausschuss Sanierung, Insolvenzplan und Eigenverwaltung im Verband der Insolvenzverwalter Deutschlands e.V. Dr. Spliedt ist Autor zahlreicher Veröffentlichungen, u.a. im Anwalts-Handbuch Insolvenzrecht, in dem er die Abschnitte zur Gesellschafter- und Geschäftsführerberatung bearbeitet.

Der Referent wird in seinem Vortrag vor allem auf folgende Motivationsfragen, die die „explosive Bedeutung“ des Themas zeigen sollen, näher eingehen.
Krisenrelevant ist zunächst die Frage, ob der Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit nicht eingetreten ist, obwohl noch nicht sämtliche Gläubiger befriedigt werden können. Welche Bedeutung hat namentlich die Erwartung auf Mittelzuflüsse in den nächsten drei Wochen. Müssen auch die in dieser Zeit neu fällig werdenden Verbindlichkeiten berücksichtigt werden? Was ist, wenn erwartete Zahlungen ausbleiben? Gibt es ein Privileg bei langfristiger Fertigung, bei denen eine Zahlung sicher ist, aber eben später als in drei Wochen? Wie Grenze ich die erzwungene Stundung vom stillschweigenden Verzicht auf das Einfordern ab? Wie sieht es mit Gesellschafterdarlehen aus, nachdem die Durchsetzungssperre der §§ 30 f. GmbHG weggefallen ist. Wurde sie durch § 63 S 3 GmbHG ersetzt oder ist die Gesellschaft dem Druck lästiger Gesellschafter ausgesetzt, weil sie zahlungsunfähig ist, wenn die Gesellschafter nicht stunden. Haftet u.U. der Geschäftsführer persönlich, wenn er an den Gesellschafter nicht zahlt?
Streitrelevanter ist die Überschuldung. Hier geht es zunächst um die Frage, ob die noch nicht verlängerte Geltung des zweistufigen Überschuldungsbegriffs jetzt schon Auswirkungen zeigt. Welche Umstände sind bei der Fortführungsprognose zu berücksichtigen? Nur diejenigen, die wie für eine Unternehmensbewertung schon in der Wurzel in den Verhältnissen der Gesellschaft angelegt sind, oder auch solche, die durch Strukturänderungen erst geschafften werden? Darf darauf vertraut werden, dass Gläubiger auf Forderungen verzichten, Gesellschafter Kapital erhöhen und Geschäftspartner wesentliche Verträge neu schließen? Welcher Zeitraum muss der Fortführungsprognose zugrunde gelegt werden? Nur das laufende oder auch das folgende Geschäftsjahr oder der Zeitraum bis zur Fälligkeit der am längsten laufenden bestehenden Verbindlichkeit? Wie sind zweifelhafte Forderungen und Verbindlichkeiten zu berücksichtigen? Gilt das Imparitätsprinzip zum Schutz der Gläubiger oder das Realitätsprinzip auch zugunsten des Schuldners?
Wenn die Fortführungsprognose trotz noch bestehender Zahlungsunfähigkeit negativ ist, wie ist das Vermögen zu bewerten? Gibt es überhaupt einen Unterschied zwischen Fortführungs- und Liquidationswerten? Darf ein Unternehmenswert nur angesetzt werden, wenn es dafür auch einen Käufer gibt? Was ist mit Verbindlichkeiten, die mit der Realisierung stiller Reserven verbunden sind, bspw. die Kosten einer Betriebsverlagerung beim Verkauf eines wertvoll gewordenen Betriebsgrundstücks (insolvenzrechtlicher Schweinemästerfall)? Was ist mit Fördermitteln, die bei einem Verkauf widerrufen werden?
Wie wird eine Überschuldung beseitigt? Reicht eine Forderungsstundung zur Ermöglichung einer positiven Fortführungsprognose aus oder bedarf es einer Rangrücktrittsvereinbarung? Wie ist sie zu gestalten, wenn Sicherheiten am Gesellschaftsvermögen oder durch Dritte gestellt wurden? Wirkt eine Rangrücktrittsvereinbarung zurück oder nur ex nunc mit der Folge, dass eine Überschuldung wegen neuer Verluste fortbesteht, selbst wenn Sie früher beseitigt worden wäre, falls der Rangrücktritt schon damals geschlossen worden wäre.
Welche spezifischen Haftungsgefahren gibt es, wenn schließlich doch ein Insolvenzantrag gestellt und im Nachhinein ein länger zurückliegender Insolvenzgrund festgestellt wird? Gibt es sanierungsspezifische Aufwendungen, die von der Sorgfalt des § 64 S 2 GmbHG gedeckt sind? Wie sieht es mit der daneben bestehenden Haftung gegenüber Sozialversicherungsträgern und dem Fiskus aus? Lässt sich die Organhaftung durch die spätere Insolvenzanfechtung reduzieren? Welches Recht auf Irrtum gibt es bei Prognoserisiken? Wer trägt die Darlegungs- und Beweislast? Wie kann dagegen Vorsorge getroffen werden?
Wir dürfen auf ein interessantes Referat gespannt sein. Zugleich hoffen wir angesichts der großen praktischen Relevanz des Themas auf eine rege Diskussion im Anschluss an den Vortrag.
Gäste sind – wie immer – herzlich willkommen.



Mit freundlichen Grüßen
bin ich Ihr

Prof. Dr. Vallender
Vorsitzender


 

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